
„Verdammt! Ich dachte, ich wäre der einzige, der wüsste, wie man einen von denen macht.“ Mit diesen Worten reagierte Steven Spielberg auf den fertigen Film Indiana Jones und das Rad des Schicksals. Spielberg hatte die Regie während der Vorbereitungen abgegeben und konzentrierte sich aufs Produzieren zusammen mit George Lucas. Jetzt ist er voll des Lobes. „Es ist wirklich, wirklich ein guter Indiana-Jones-Film. Ich bin wirklich stolz darauf, was Jim (Mangold, der Regisseur) damit gemacht hat.“
15 Jahre mussten die Fans warten, bis das fünfte und letzte Kinoabenteuer Indys verwirklicht wurde. Die Ansprüche waren extrem hoch. Drehbuchentwürfe wurden mehrfach verworfen oder umgeschrieben. Corona und eine Schulterverletzung Harrison Fords während der Dreharbeiten führten zu weiteren Verzögerungen. Aber jetzt ist der Film fertig. Bei den Filmfestspielen in Cannes wurde er uraufgeführt.
Zugegeben: Ich habe den Film noch nicht gesehen. Sie lesen hier also keine Kritik, sondern eine Vorahnung. Die Trailer, Clips und alle bisherigen Veröffentlichungen zeigen nämlich in eine Richtung: Der Film ist ein Knaller.
Schon die Eröffnungssequenz setzt Maßstäbe. Ganze 25 Minuten dauert sie. Weil sie zweieinhalb Jahrzehnte vor den Hauptereignissen des Films spielt, wurde Ford – Ende 70 bei den Dreharbeiten – für diese Szenen mit neuester Technik digital verjüngt. Das Ergebnis verblüfft selbst größte Skeptiker. James Mangold wollte den Zuschauern gleich zu Beginn des Films das Gefühl geben, sie würden einen rasanten Spielberg-Lucas-Film wie früher sehen, und ihnen das Beste von Indiana Jones wiederbringen.
Danach sehen wir den „aktuellen“ Harrison Ford. Er spielt den Archäologen Professor Dr. Henry Jones besser und facettenreicher denn je: knurrig und gereift; die Gesichtszüge markant, die Bewegungen leicht ungelenk; ein unperfekter Held mit Ängsten und Schwächen, die wir alle lieben. Die Frage, ob Ford als Abenteurer noch glaubwürdig ist, ob er schlichtweg noch fit genug ist, beantworten die Trailer mit einer Menge ausgetüftelter und perfekt choreographierter Actionsequenzen: Er kämpft, kurvt, reitet, fliegt, stürzt, springt und rennt, dass einem der Atem stockt.
Auch sonst ist das Drehbuch genial. Zunächst einmal enthält es alles, was man von einem Indiana-Jones-Film erwartet: gespenstische Höhlen, allerhand Ungeziefer, irrwitzige Verfolgungsjagden, schnelle Wendungen und originelle Dialoge. Aber diesmal ist alles noch viel besser. Indy sucht nämlich nach einem Artefakt, einem von Archimedes erfundenen, radförmigen Instrument, mit dem angeblich die Zeit rückwärts gedreht werden kann. Das wollen auch ein paar Nazis, um die für sie ungünstige Vergangenheit umzuschreiben. Zeitreisen und Jones‘ hohes Alter: Da passt alles zusammen. Denn sein Alter – ein Argument der Nörgler – ist Teil der Geschichte und macht den Reiz aus. Der Film zeigt den Helden am Ende seiner Reise: wie er die veränderte Welt sieht und wie er auf sein Leben blickt. Das spricht jeden an. Wer von uns möchte nicht etwas in seinem Leben ungeschehen machen?
Die Indiana-Jones-Filme waren neben dem puren Spaß schon immer vielschichtig. Jones, der an Übernatürliches nüchtern herangeht, ist zunächst immer skeptisch, und wird gegen Ende seiner Suche eines Besseren belehrt. So ist es auch in diesem Abenteuer. „Ich glaube nicht an Magie“, sagt er im ersten Trailer. „Aber ein paar Mal in meinem Leben habe ich Dinge gesehen, unerklärliche Dinge. Mir wurde klar, dass es nicht so sehr darauf ankommt, woran man glaubt, sondern wie fest man daran glaubt.“
Über das letzte Drittel des Films wird kaum etwas veröffentlicht, um nichts zu verraten. Es gibt nur vielversprechende Andeutungen. Ein Wort trifft es wohl am besten: gewaltig.
Der neue Film wird natürlich mit seinen Vorgängern verglichen werden. Die Frage, welcher Teil der Reihe nun der beste ist, ist aber müßig. Jeder Zuschauer hat seinen persönlichen Lieblingsfilm. Oft ist es der, den man als erstes gesehen hat. Vor allem aber sind die Filme in ihrer Art sehr unterschiedlich. Jeder hat seine besonderen Akzente, Stärken und seinen Charme. Fortsetzungen von Hits und Klassikern haben es ohnehin schwer. Sie müssen die höchsten Erwartungen erfüllen. Im Grunde müssen sie sogar mindestens so gut wie die Vorgänger sein, denn die einmal als top eingestuften Filme gelten als unantastbar. Aber der fünfte Teil verspricht, das fast Unmögliche möglich zu machen. Er bringt die Reihe zu einem grandiosen Abschluss und wird einen würdigen Platz in der Indiana-Jones-Saga einnehmen.
Zweifel, ob der Kinoheld der 80-er Jahre noch in die aktuelle Filmwelt passt, haben die Ausschnitte bereits wie mit einem Peitschenschlag aus dem Weg geräumt. Ich gehe jede Wette ein: Indiana Jones und das Rad des Schicksals ist ein Wunderwerk, das der Zeit trotzt, und das in mehrfacher Hinsicht. Machen wir uns auf was gefasst.
Indiana Jones und das Rad des Schicksals startet in den deutschen Kinos am 29. Juni 2023.

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